In zwei Punkten waren sich beim Bornheimer Tollitätentreff 2024 alle einig: Bunt ist gut und Karneval gehört gefeiert – in diesen Zeiten erst recht.
Bunter Tolli begeistert Bornheim
KarnevalAlleHerselStadtgeschehen31. Januar 2024
Entsprechend ausgelassen war die Stimmung in der vollbesetzten Rheinhalle und das hochkarätige Programm riss das Publikum von Anfang an mit. Den fulminanten Einstieg lieferte die Kölner Funken Artillerie blau weiß von 1870 e.V., die mit unzähligen „staatsen Käälen“ und einer adretten Marie die gesamte Bühne in blau-weiß erstrahlen ließ. Nach tollen Tanzeinlagen des Traditionsvereins kam dann aber erstmal der offizielle Teil des Abends, nämlich die Vorstellung der amtierenden Tollitäten durch Bürgermeister Christoph Becker und seine Stellvertreterin Gaby Kretschmer. So präsentierten sich Prinz Frank II. (Meurer) und Prinzessin Claudia I. (Packeisen) aus Merten, Prinzessin Renate I. (Rickers) aus Hemmerich-Rösberg, Kinderprinzessin Finja I. (Flohr) aus Waldorf, Prinzessin Maja I. (Wersuhn) aus Roisdorf und Prinz Maik I. (Homann) und Prinzessin Elke II. (Röttgen) von den Bonner Werkstätten in Hersel mitsamt ihrem Gefolge.
Termin unbedingt vormerken!
Einen Termin sollten Sie sich schon jetzt fett im Kalender markieren: Der 57. Bornheimer Tollitätentreff findet am 18. Februar 2025 statt und wartet wieder mit einem tollen Programm auf: So sind unter anderem Martin Schopps, Ingrid Kühne und die „Boore“ dabei.
Es wurden fleißig Orden und Bützchen ausgetauscht; besonders gut kam dabei das diesjährige Motto der Bonner Werkstätten an: „Jeck un bunt stonn mer zosamme.“ Der Satz passe gut zu Bornheim, erklärte Bürgermeister Becker, und gehöre nicht nur in die Karnevalszeit.
Dann übernahmen schon die Musikfreunde Roisdorf e.V. die Bühne und brachten das Publikum mit einem schwungvollen Karnevalsmedley in Schunkellaune. So lieferten sie die perfekte Einstimmung auf das Tanzcorps der Prinzengarde 1935 Frechen e.V., die für ihren akrobatisch-künstlerischen Gardetanz viel Applaus bekamen.
Für die ersten Lachsalven des Abends sorgte dann „Handwerker Peters“ – kurz: HP – alias Kai Kramosta, der das Handwerk als solches feierte und kein gutes Haar an Bankern ließ – erst recht nicht, nachdem „wohl bei der Renovierung der Bank sein Konto gestrichen wurde“. HP begrüßte den Bürgermeister in perfektem Englisch mit „Hello, Burgerking!“ und lobte das hiesige Kölsch: „Das ist so süffig. Bevor du besoffen bist, bist du ertrunken.“ Und obwohl in seinem Heimatdorf in der Eifel „der Regenbogen noch schwarz-weiß ist“, hat sich HP schon intensiv mit dem Gendern befasst und herausgefunden, dass Handwerker*innen genauso gut außen eingesetzt werden können und dem Trompeter die „Trompetra“ gegenübersteht. Auch er betonte, dass jeder nach seiner Fasson leben und lieben sollte und ermunterte die Bornheimer Jecken, in Krisenzeiten erst recht zu feiern.
Diesem Appell schloss sich die Kölsche Kultband Miljö uneingeschränkt an, bevor sie die Bühne rockte und das Publikum mit Superhits wie „Kölsch statt Käsch“, „Wolkeplatz“ und natürlich „Su lang die Leechter noch brenne“ von den Stühlen riss. Mit großer Bühnenpräsenz und intensiver Interaktion gelang es Sänger Nils Schreiber und seinen vier Musikern, die Rheinhalle im Nullkommanichts in einen tobenden Konzertsaal zu verwandeln und auch den neuesten Song „Et letzte Mol“ erfolgreich unters jecke Volk zu bringen.
Dann kehrte zunächst wieder Ruhe ein und „Ne Jeck im Rähn“ alias Björn Wassong trat auf. In einer ganz eigenen Mischung aus Rheinischer Mundart und Hochdeutsch attestierte er der Generation Z, die mit 35 noch studiert, das Sternzeichen „Keinbock“ und plauderte aus dem Nähkästchen seines Eifeler Kegelclubs. Zum Schluss erklärte er Rheinisch zur einfachsten Sprache der Welt, indem er den Satz „Sehen Sie, das hätte ich Ihnen auch gleich sagen können“ mit einem schlichten „Dä“ übersetzte. Auch er ist der Überzeugung, dass man schwierigen Zeiten am besten mit guter Laune begegnet, denn schließlich weiß nicht nur der Mann im gelben Regenmantel: „Auf Rähn folgt Sunneshing.“
Und auf Redner folgt Tanz – zumindest beim Bornheimer „Tolli“. Da stürmte prompt die Showtanzgruppe „High Energy“ die Bühne und machte ihrem Namen alle Ehre. Die sechsfachen Deutschen Meister im Karnevalsshowtanz lieferten eine energiegeladene Choreografie nach der anderen, bei der buchstäblich die Funken flogen. Schon nach den ersten Acts zu neu interpretierten Evergreens wie „Thriller“ oder „Anita“ war das Publikum verliebt in die 24 Mädels und zwei Jungs, die in mexikanisch anmutenden Kostümen über die Bühne flogen und schließlich sogar im Saal auf den Tischen tanzten.
Doch damit waren die Highlights des Abends noch lange nicht ausgeschöpft, denn als nächstes trat Guido Cantz auf. Ganz schick im rot-gestreiften Anzug wandte er sich an die FC-Köln-Fans und erzählte von seinem gleichgesinnten Nachbarn und dessen Dackel, der bei jedem Tor entweder ein Salto vorwärts oder rückwärts schlägt – je nachdem wie er ihn trifft. Auch die Politik bekam ihr Fett weg: Das Kölsche „Klüngeln“ gebe es auch in Berlin; „bei den Grünen heißt es stattdessen Krötenwanderung“. Und während die Bahn nur sechs Tage streikt, streike unser Bundeskanzler ja seit zweieinhalb Jahren. Ohnehin habe er sich gefragt, wie man sich beim Joggen so verletzen kann, dass man eine Augenklappe tragen müsse. „Da bekommt der Ausdruck ,dumm gelaufen´ gleich eine ganz konkrete Bedeutung.“ Schlimmer als die Bahn sei aber Eurowings, da gelte inzwischen das Motto: „Pünktlich ist, wenn´s Datum stimmt.“
Zum Thema „Gendern“ entschuldigte sich Cantz sicherheitshalber minutenlang bei allen Menschen, die er in irgendeiner Weise nicht oder falsch angesprochen habe oder eventuell durch sein Outfit oder seine Haarfarbe gekränkt haben könnte. Aber wie seine Vorgänger betonte auch er zum Schluss, dass sowohl Vielfalt als auch Optimismus in diesen Zeiten wichtiger sind denn je. Nach der obligatorischen Zugabe machte der TV-Komiker, der inzwischen schon zu den Stammgästen in der Rheinhalle zählt, die Bühne frei für den letzten Act, die Newcomer-Band Stadtrand.
Mit herzhaftem Rock und viel Enthusiasmus gingen die sechs jungen Kölner gleich auf Tuchfühlung mit dem Publikum und sangen gemeinsam „Köbes, Kaiser, Künnijin“ und weitere Hits. Sänger Roman Lob freute sich sichtlich über die Premiere in der Rheinhalle und bedankte sich herzlich für den netten Empfang. Das Publikum mobilisierte noch einmal seine letzten Kräfte, ging begeistert mit und hielt für einen stimmungsvollen Abschied die Handy-Leuchten in die Höhe.
Einen großen Abschiedsapplaus und Blumen vom Bürgermeister gab es dann für Nicole Krumbach von der Stadtverwaltung, die seit einigen Jahren für das Programm und die Organisation verantwortlich zeichnet, und dann wurde noch einmal für die Tollitäten geklatscht, die traditionsgemäß zusammengelegt und gespendet hatten: Diesmal gingen 861 Euro an die junge Bornheimer Organisation Mer-Stonn-Zesamme e.V., die in Not geratene Familien unterstützt.