Bornheim gedenkt der Opfer der Novemberpogrome

Zur Erinnerung an die schrecklichen Ereignisse der Bornheimer Pogromnacht haben Stadt, christliche Kirchen und weiterführende Schulen aus dem Stadtgebiet zur jährlichen Gedenkveranstaltung eingeladen.

Unter anderem hat der Jugendchor der Evangelischen Kirchengemeinde unter der Leitung von Marie-Susann Rothschild die Veranstaltung bereichert

Die Bornheimer Pogromnacht hat sich am 10. November zum 85. Mal gejährt. Treffpunkt war an den Stolpersteinen für die jüdischen Familien Voos und Bähr vor dem Haus Beethovenstraße 34 in Merten. Ein Schüler der Heinrich-Böll-Gesamtschule informierte dort vor Ort über das Schicksal der fünf Menschen, für die im Jahr 2013 Stolpersteine verlegt worden sind. Es folgte eine Schweigeminute für die Bornheimer Opfer des Holocausts. Anschließend gingen die Teilnehmenden gemeinsam mit den zahlreichen Besucherinnen und Besucher zur Heinrich-Böll-Gesamtschule. Denn dort fand in der Schulaula ein ebenso informatives wie bewegendes Bühnenprogramm statt, das Schulen, Kirchen, Jugendarbeit und Stadtarchiv gemeinsam erarbeitet hatten. 

"Mindestens 70 Jüdinnen und Juden aus Bornheim wurden bis Kriegsende deportiert und ermordet. Heute liegt es in unserer historischen Verantwortung, dass sich solche Verbrechen in unserem Land und in unserer Stadt nie wieder ereignen. Eine Verantwortung, für die wir unsere Kinder und damit die nächste Generation sensibilisieren wollen – auch durch Veranstaltungen wie diese", erklärte Bürgermeister Christoph Becker einleitend. 

Auf der Bühne hatten Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte der Heinrich-Böll-Gesamtschule ein Modell der Bornheimer Synagoge in der Königstraße, die am 10. November 1938 in Brand gesetzt wurde, aufgestellt. Weitere Schülerinnen und Schüler hatten sich mit den Biografien der jüdischen Familien Bähr und Voos aus Merten sowie der Pogromnacht beschäftigt. Unter der Leitung von Lehrer Christoph Höfler hatten sich die Schülerinnen und Schüler des Geschichtskurses der siebten Klassen der Europaschule mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Bornheim und mit der Verfolgung von politischen Gegnern im Stadtgebiet auseinandergesetzt. 

Vier Videobeiträge führten mithilfe historischer Fotografien durch das Leben von Max Cahn, der die NS-Zeit als Kind und Jugendlicher erlebte, bevor er mit seiner Familie fliehen konnte. Unterstützt vom Bornheimer Schauspieler Gerhard Fehn hatten die Brüder Benjamin und Alian Hodzic biografische Texte verfasst und eingesprochen. Dominik Albert und Achim Stommel vom Bornheimer Kulturraum hat die Videos geschnitten. 

Die Familie von Isidor Cahn bei einem Ausflug zum Drachenfels

Schülerinnen und Schüler des Zusatzkurses Geschichte der Q2 des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums haben sich mit der jüdischen Familie Isidor Cahn aus Bornheim sowie der Ausgrenzung jüdischer Menschen im Nationalsozialismus befasst. Und Pfarrer Silvio Eick (Katholische Kirche im Seelsorgebereich Bornheim - An Rhein und Vorgebirge) und Pfarrer Eckhart Altemüller (Evangelische Kirchengemeinde Vorgebirge) hatten eine Psalmcollage erstellt.

Katja Cîmpean vom Bornheimer Jugendamt und Jens Löffler vom Stadtarchiv hatten die gelungene Veranstaltung, die seit zwölf Jahren alljährlich an die Reichspogromnacht erinnert, organisiert. Im Rahmen historischer Bildungsarbeit konnten Schulen und Jugendgruppen in den Unterlagen des Stadtarchivs für ihre Projekte recherchieren und mehr über die Geschichte der jüdischen Gemeinde Bornheim erfahren.

Bürgermeister Christoph Becker sprach zu den Besucherinnen und Besuchern

"Leider lebt dieser Hass gegen Jüdinnen und Juden, den die Nationalsozialisten gestreut haben, bis heute weiter. 80 Prozent der antisemitischen Straftaten, die in Deutschland im Jahr 2022 verübt worden sind, hatten einen rechtsextremen Hintergrund", stellte der Bürgermeister fest. Und weiter: "Wir müssen wachsam und kritisch bleiben. Es gelte, sich entschieden gegen jede Form des Antisemitis mus zu positionieren." 

Musikalisch begleitet haben den Abend der Jugendchor der Evangelischen Kirchengemeinde Vorgebirge und der Jugendchor der Evangelischen Kirchengemeinde. Begleitet wurde der Chor durch Musiklehrer Harald Schmit von der Heinrich-Böll-Gesamtschule. 

Die Pogromnacht in Bornheim:

  • Während die „Reichspogromnacht“ in Deutschland auf den 9. November 1938 datiert wird, ereigneten sich die antisemitischen Übergriffe in Bornheim vor allem am 10. November. So wurde die Bornheimer Synagoge am 10. November 1938 in Brand gesteckt.
  • Ein SA-Trupp aus Bonn marschierte plündernd durch die Geschäfte und Wohnungen von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern im Stadtgebiet. Die Menschen selbst wurden aus ihren Häusern gezerrt und misshandelt. Auch Bornheimer Bürger beteiligten sich an den Ausschreitungen.
  • Der Dachstuhl der Synagoge, die nach Plänen des Stadtbaumeisters Paul Richard Thomann errichtet und 1866 fertiggestellt wurde, stand an jenem 10. November in Flammen. Die Feuerwehr beschränkte sich darauf, ein Übergreifen des Brandes auf die Nachbargebäude zu verhindern.
  •  30 bis 50 Menschen schauten dem Geschehen zu. Einige demolierten jüdische Geschäfte und halfen bei der Brandstiftung.
  • Am 8. November 1981 wurde die Gedenktafel am Haus Königstraße 55 angebracht, die an den ehemaligen Standort der Synagoge erinnert.